Die einzig „wahre“ Kirche
Zu den jüngsten Aussagen von Papst
Benedikt XVI.
FOREF- Kommentar von Heinrich Kofler, theol
Am
29. Juni 2007, am Fest von Peter und Paul hat Papst Benedikt XVI. das bereits
allseits bekannte und bis dato oftmals kommentierte Diktum getan, dass die
römisch-katholische Kirche die „einzig wahre Kirche Christi“ sei. Gaudeamus
igitur, nun ist alles klar!
Es war auch vorher klar. Jedenfalls im westlichen Christentum. Doch nun ist es
wieder einmal expressis verbis zum Ausdruck gekommen, was sich seit dem großen
Schisma von 1054 in der römischen Kirche eingenistet hat, von Zeit zu Zeit
versickert, doch unterschwellig immer da gewesen ist: „Andere Religionen oder
christliche Gruppen haben auch Brosamen der Wahrheit, die logoi spermatikoi,
doch wir haben die voller Wahrheit!“
Damit ist nicht gesagt, dass anderen so genannten „Kirchen“ nun kein Respekt
mehr gezollt wird, oder gar, dass man nicht mehr miteinander reden wollte und
sollte. Ist aber unter den nun gegebenen Voraussetzungen zu erwarten, dass „alle
eins“ werden können? Ut omnes unum sint? Besteht hier nicht der Verdacht, dass
hinter jedem ökumenischen Gespräch die vatikanische Absicht steht, alle
katholisch zu machen, alle in die einzig wahre Kirche Christi zurückzuholen,
damit so das Reich Gottes entstehe?
Ist es unter diesen Voraussetzungen nicht dann genauso legitim, dass ein
pakistanischer Lehrer in einem vom ORF ausgestrahlten Interview verlangt, alle
Welt müsse muslimisch werden, erst dann werde Friede in der Welt sein?
Angesichts der herrschenden Weltlage stellt man sich natürlich die Frage, welche
islamische Richtung hier zum Zug kommen sollte: die Sunniten oder die Schiiten?
Oder andere Denominationen?
Es ist keine Frage, dass das derzeitige Oberhaupt der Katholischen Kirche diesen
Wahrheitsanspruch nicht erfunden hat und nun geltend machen will. Auch er ist
ein Glied in einer langen Entwicklung mit all ihren Höhen und Tiefen und sieht
sich jetzt mit der Aufgabe konfrontiert, klar Stellung zu beziehen. Und er tut
es, wie er es als Theologe, als Professor, als Erzbischof und als oberster Hüter
der Glaubenskongregation gelernt und praktiziert hat.
Historischer Hintergrund
Einst hatte die junge Kirche im großen römischen Weltreich unter großen
Verlusten um ihr Dasein zu kämpfen. Erst unter Kaiser Konstantin und dann vor
allem unter Kaiser Theodosius öffneten sich für die Christen die Kerkertore.
Aber nicht nur das: Sie wurden derart begünstigt und auf das Podest gehoben,
dass sie das blendende Licht all der Privilegien, mit denen sie nun ausgestattet
wurden, kaum bis nicht verkrafteten.
Beide Herrscher waren zu der Überzeugung gelangt, dass diese Kirche im römischen
Reich eine wichtige Funktion übernehmen könnte. Dies wurde der Kirche insofern
zum Verhängnis, weil sie nicht fähig war, mit den Rollenkonflikten, die sich aus
dieser neuen Situation ergaben, fertig zu werden. Sie war zwar bereit, dem
Kaiser zu geben was des Kaisers ist, doch der Kaiser verlangte alles, auch das,
was Gott zustand: das absolute und unumschränkte Recht auf Herrschaft über die
Menschen. Sie löste diesen innern Konflikt dadurch, dass sie den Kaiser
sakralisierte. Der Kaiser gilt als Symbol des triumphierenden Christus. Diese
Struktur kennzeichnet im Wesentlichen noch heute die Stellung der nationalen
Ostkirchen gegenüber den politischen Mächten. „Während die Politik die Religion
wirtschaftlich versorgt, legitimiert und sakralisiert die Religion die Politik“
(Demostenes Savramis).
Im anderen Teil des alten geteilten römischen Reiches, in West-Rom, saß kein
Kaiser, kein Herrscher. Dem geistlichen Stand, der die Kirche hier
repräsentiert, steht jede Entscheidung in christlichen Angelegenheiten zu. Die
Laien sind Objekte der Hirtensorge und Führung. Die Mitwirkung dieser Laien ist
die von Gehorchenden. In der Folge gestalten die Priester ihren Beruf zu einem
Instrument der Herrschaft des Menschen über den Menschen aus und des Dienens.
Im Laufe der Jahrhunderte erstreckt sich die Einflussnahme auf das gesamte
Leben – sowohl des Einzelnen als auch der Gesellschaft. Ja der Klerus bemühte
sich, die kirchlichen Weisungen für alle Menschen verbindlich durchzusetzen. Der
Patriarch von Rom übernahm nun auch jene Funktionen, die in Ostrom den Kaiser
zustanden. Damit war über kurz oder lang die „Unfehlbarkeit“ als Machtanspruch
vorprogrammiert.
Papa oder Eltern?
Das Römisch-Katholische Oberhaupt nennt sich Papst, Vater, Papa. Doch ein Vater
ohne Mutter ist undenkbar. Immer mehr theologische Strömungen bringen seit
geraumer Zeit auch die weibliche Seite Gottes an den Tag. Die jüdische
Konvertitin und Nonne Edith Stein, Schülerin und Assistentin des deutschen
Philosophen Edmund Husserl, bezeichnet den Heiligen Geist als die weibliche
Seite Gottes. Auch von außerchristlichen Bereichen wird auf die Göttin-Mutter
hingewiesen.
Ein Tor fällt zu
Wäre es nicht möglich, dass dieser weibliche und männliche Gott, also
theo-logischer weise Eltern ist, mit all diesen Hinweisen, uns Christen, der
katholischen Kirche und somit auch dem Papst ein Tor öffnet, durch das dieser
nicht nur nicht hindurchgeht, sondern sie mit gemachten Aussagen wie dieser vom
29. Juni mit lautem Krach auch noch zuschlägt und damit vielen anderen den
Durchgang verwehrt?
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