KURIER

Dienstag, 3.November 1998

 

Psycho-Hife für Kinder, deren Eltern in Sekten sind

"Es geht nicht um Auseinandersetzungen mit Personen, sondern mit Sekten." German Müller

Neuer Geschäftsführer für Sektenfragen im Familienministerium nimmt seine Tätigkeit auf

Seine Ausbildung zum staatlich geprüften Lehrwart für Judo sei kein Anstellungserfordernis gewesen, versichert German Müller (42), der neue Frontmann im Familienministerium zur Eindämmung des Sektenunwesens. Auch wenn fernöstliche Kenntnisse der Selbstverteidigung nicht schaden können - das Rüstzeug für die neue Aufgabe hat sich der studierte Psychologe (Nebenfach Pädagogik) in zehnjähriger Tätigkeit bei der Gesellschaft gegen Sekten- und Kultgefahren erworben.

Am Montag trat der gebürtige Kärntner seine neue Funktion als Geschäftsführer der Bundesstelle für Sektenfragen an: Unter 13 Bewerbern habe sich Müller als "bester Mann für den Job" erwiesen, streute Familienminister Martin Bartenstein Rosen bei der Präsentation des neuen Mitarbeiters. Die Schwerpunkte der Sektenstelle skizzierte der Ressortchef so: Zum ersten würden mit der Jahrtausendwende viele Gruppierungen ihre Tätigkeit auf Endzeitstimmung ausrichten. Diesen Weltuntergangsszenarien, die in Extremfällen kollektiven Selbstmord auslösen, gelte es vorzubeugen.

Zum zweiten soll sich die Sektenstelle auch jener Kinder annehmen, deren Eltern Sektenmitglieder sind. "Wenn es Signale gibt, daß die Jugendlichen ausbrechen wollen, läßt sich der Berater auf einen Konflikt mit der Familie ein - das ist eine heikle Aufgabe", erläuterte Bartenstein.

Haupttätigkeit der neuen Bundesstelle wird die Dokumentation und Information über Gefährdungen sein, die von Programmen und Aktivitäten von Sekten ausgehen können. "Wir machen keine Rasterfahndung von Sektenmitgliedern, sondern wollen nur deren Methoden aufzeigen", erklärte Müller. "Es geht nicht um eine Auseinandersetzung mit Personen, sondern Organisationen. Wir sind aber daran interessiert, die wichtigsten Personen zu kennen."

Bartensteins neuer Mann will, wie er betont, keine Feindbilder aufbauen. Es sei allerdings davon auszugehen, daß bestimmte Gruppierungen die Sektenstelle im Ministerium zu ihrem Feindbild erklären werden.

Die jährlichen Kosten für das neue Büro mit den vier Mitarbeitern werden sich auf fünf Millionen Schilling belaufen.

Manfred Kadi