Dieser Brief wurde in Der Standard (Mittwoch, 11.11.1998, Seite 39) veröffentlicht:
Religionsfreiheit
Betrifft:
"Bartenstein will vor allem Kindern helfen, die Sekten ihrer Eltern zu verlassen"
Standard Nr.3006, 3.11.98
Es ist absolut nicht die Aufgabe des Staates zu bestimmen, welche Religion gut oder schlecht ist. Unsere Verfassung garantiert allen Bürgern Gewissens- und Glaubensfreiheit. Die zweijährige Studie der Enquete-Kommission der deutschen Bundesregierung hat ergeben, dass die religiösen Minderheiten ("Sekten") keine Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen.
Die Bundesstelle für Sektenfragen ist eine weitere Bastion im Kreuzzug gegen religiöse Minderheiten. Schon alleine durch die Ernennung von Herrn German Müller (mit seiner zehnjährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Sektenhatz) hat Herr Bartenstein die Weichen dieser Institution gestellt.
Es gibt in Österreich über 600.000 Angehörige von religiösen Minderheiten. Von einigen schwarzen Schafen abgesehen, sind sie brave Bürger, die eheliche Treue hochhalten und ihre Kinder werteorientiert erziehen. Viele von ihnen würden folgende Frage an Herrn Bartenstein stellen: Wer gibt euch die Autorität zur Gesinnungsschnüffelei? Wer hat euch darum gebeten, die Werte unserer Kinder zu definieren?
Wenn das Familienministerium einen Überschuß an finanziellen Ressourcen hat, wäre es gut beraten, damit Opfern der Gewalt in der Familie zu helfen.
Peter Zöhrer,
Internationale Koalition für Religionsfreiheit (ICRF),
6020 Innsbruck