(1)
Vorerst wollen wir einmal ein wenig definieren bzw. klarstellen:
Gedanken,
Gedankengänge, Ideen, welche da irgendwann einmal gekommen sind, meine Überlegungen, meine Gedanken, ohne jeden Anspruch stellen zu wollen, oder zu können, auf Richtigkeit und auf Durchführbarkeit. In erster Linie möchte ich Sie anregen, sich Gedanken über meine Gedanken zu machen, zu reden, zu diskutieren, aufzugreifen, und eventuell, aber nur wenn es absolut notwendig ist, zu verwerfen. Also ein Denkanstoß, nicht mehr und auch nicht weniger.
Soviel einmal zu den Gedanken ganz leicht vorne weg, denn schon das Wort
Disziplinierung
wird einiges an Widerständen, Ressentiments, Ablehnungen und Befürchtungen hervorrufen. Zu recht. Dennoch will ich dieses, zugegeben vielleicht hässliche Wort beibehalten, um Kraft und Entschlossenheit zu zeigen, im Hinblick auf das was diszipliniert werden sollte, nämlich die Entscheidungsträger.
Aber zu denen kommen wir erst später.
Fangen wir mit einer Befragung des altbewährten Lexikons an. Das Wort Disziplin wird dreifach erklärt. Zwei Erklärungen können wir streichen, die wissenschaftlichen und die kirchlichen Disziplinen. Was für uns übrigbleibt ist die Umschreibung: Zucht, Ordnung, Selbstbeherrschung. Na Donnerwetter, das geht in die Glieder. Aber vielleicht bin ich ein Unbelehrbarer, ich möchte das Wort noch immer beibehalten.
Also weiter zu dem eigentlich verwendeten Wort:
Disziplinierung.
Da steht dann:
In Ordnung halten, und maßregeln.
Passt beides. Wirklich!
Passt zu dem, was mir vorschwebt, zu dem was ich ihnen näherbringen will. Die Frage drängt sich natürlich sofort auf: Wer soll diszipliniert werden, wer soll was in Ordnung halten und wer soll gemaßregelt werden?
Zu dem "Wer":
Ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie!
Berechtigter Einwand: Die Gedanken, meine Gedanken haben sich doch mit der Disziplinierung der Entscheidungsträger befasst. Richtig!
Also wer sind den die Entscheidungsträger:
Ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie!
Sagen wir es einfacher:
Wir alle.
Entscheidungsträger, wir alle?
Natürlich, jeder entscheidet, muss entscheiden. Ob Einzelperson, Eltern, Kinder, Familienverbände, Hausgemeinschaften, Vereine, Gemeinden, Länder, Staaten.
Und noch wer: Religionen, Religionsgemeinschaften.
Würden wir, also ich, du, er, sie, es, u.s.w. alles gut und richtig machen, wäre unser Dasein paradiesisch zu nennen. Das dem nicht so ist wissen wir. Daher ist Disziplinierung angesagt.
Zwei Gruppen stehen zur Verfügung:
Punkt A.) Ich, du, er, sie, es, also jeder Einzelne von uns. Da wollen wir, wenn auch nur kurzfristig, gleich bleiben. Selbstdisziplin wäre die Lösung. Ist es die Lösung? Natürlich, ganz sicher sogar. Doch warum mangelt es dann so sehr an dieser Selbstdisziplin?
Versuchen wir es mit Beispielen:
Stinkefinger kontra Faust im Straßenverkehr, erregtes Wortduell an der Supermarktkassa wegen eines Dränglers. Nur zwei simple Beispiele für so viele.
"Da kocht mir das Häferl über" hört man dann, oder "Was glauben die wer sie sind?" "Was nehmen die sich heraus?"
(2)
Ein Erklärungsversuch trifft die eigene Unzulänglichkeit, welche aber in diesem Augenblick nicht als solche erkannt wird, sondern als Stärke gewertet wird. Mir passt etwas nicht, mit mir passiert etwas, was ich angeblich nicht unter Kontrolle habe, unter Kontrolle haben will.
Sie sind der Entscheidungsträger und Sie müssen sich kontrollieren, disziplinieren.
Selbst disziplinieren!
Und da sind dann noch die Anderen. Irgendwer oder Irgendwas ist immer schuld. Da hat es einmal eine recht lehrreiche Filmszene gegeben, wo der begnadete Heinz Rühmann feststellte: "Schuld an allem sind die Juden und die Radfahrer". Und auf die verblüffte Frage, warum er den auf die Radfahrer käme, ist dann die Gegenfrage gekommen: "Warum dann die Juden?"
Fragen Sie sich öfters nach dem Warum. Warum sollte wer glauben, dass er etwas Besseres sei, sich etwas herausnehmen könne. "Der" oder "Die" macht das nicht aus dem Grund, sondern wegen etwas ganz anderem. Gedankenlosigkeit, Ahnungslosigkeit, Vergesslichkeit u.v.m. Meistens zumindest. Auch in diesem Fall sind Sie der Entscheidungsträger und sie müssen sich disziplinieren.
Aber gut disziplinieren.
Eine der besten Selbstdisziplinierungen ist lächeln. Freundlich lächeln. Und das will gelernt sein. Sonst nimmt man Ihnen die Freundlichkeit nicht ab. Ihr freundliches Lächeln wird als boshaft, hinterhältig oder was weiß ich noch alles interpretiert. Also lächeln Sie freundlich, freundlich. Damit werden in den meisten Fällen, viele, nicht alle Probleme gelöst.
Aber Vorsicht, nur wenn Sie richtig lächeln funktioniert das.
Dann reden Sie. Wieder freundlich. Das ist schon etwas leichter als Lächeln. In unserer Welt wird viel zu viel geredet und gleichzeitig viel zu wenig. Das persönliche Gespräch weist da ein enormes Minus auf. Für die Autofahrerduelle wird das nicht anwendbar sein aber doch sehr wohl für den besagten Drängler an der Supermarktkasse. Nicht ironisch, nicht verstellt freundlich, sondern sachlich neutral sollten Sie es einmal damit versuchen:
"Sie haben es bestimmt eilig, gehen Sie ruhig vor!"
Damit sind Sie ihre Verpflichtung als Entscheidungsträger für's erste einmal los. Ihr Gegenüber ist damit zum Entscheidungsträger geworden. Lassen Sie sich überraschen.
Um noch einmal auf die berühmt berüchtigten Autofahrerduelle zurück zu kommen. Finger an die Stirn, geballte Faust und noch einiges mehr ist da im Umlauf. Dagegen kommen Sie weder mit Reden noch mit einem Lächeln an. Beides wird mit Sicherheit nicht- oder missverstanden.
Ich fordere hiermit die Autofahrer, die Autofahrervereine, Autofahrerzeitschriften, Autofahrersendungen und, und, und, auf, sich einmal Gedanken über ein verbindliches und internationales Zeichen zu machen und zwar für:
"Entschuldigen Sie bitte, ich hab' einen Fehler gemacht", und dieses dann autofahrerweit zu publizieren. Damit wäre dann endlich einmal den verständigen Entscheidungsträger - Autofahrern geholfen.
Aber dies nur nebenbei.
Eigentlich will ich Sie zu etwas ganz anderem führen.
Etwas Wichtiges vorweg:
Nehmen Sie sich nicht wichtig.
Ich habe jetzt nicht gesagt "zu wichtig", ich habe gesagt: Nehmen Sie sich nicht wichtig. Da ist ein gewaltiger Unterschied drinnen.
Denken Sie darüber nach!
Nun gehen wir zu den Leuten, welche sich den vorhergegangenen Ratschlag am meisten zu Herzen nehmen sollten, dies mit Sicherheit nicht tun und auf die sich eigentlich meine heutigen Ausführungen beziehen sollen.
Entscheidungsträger auf einer anderen Ebene und ich sage bewusst nicht auf einer wichtigeren Ebene.
Damit sind wir bei Punkt B.)
Wir, ihr, sie.
Bei Wir sind wir noch Mitbeteiligte, bei Ihr, Sie nicht mehr. Also gilt bei Wir noch das bereits Gesagte, bei Ihr, Sie, kommt es dann zwangsläufig zur Disziplinierung von außen. Und damit sind alle mit der Bezeichnung Wir gefordert, also ich, du. er, sie, es.
Zwei Gruppen sind es, welche sich anbieten:
Weltliche Entscheidungsträger und natürlich auch geistliche Entscheidungsträger, sogennannte Autoritäten.
(3)
Kurzer Blick in's Lexikon: Autorität wird da u.a. mit Experte erklärt.
Ja wenn's nur so wäre! Geb' Gott es wäre so!
Würden nämlich alle Entscheidungsträger, alle Autoritäten bzw. Experten alles gut und richtig machen, könnte man unser Dasein schon wieder paradiesisch nennen. Donnerwetter, schon wieder. Wir schrammen da relativ knapp am Paradies vorbei und doch scheint es unmöglich zu sein, hineinzukommen. Versuchen wir es aber immer wieder und immer wieder, auch wenn's für's erste nicht gelingen kann.
Also was haben wir jetzt da:
Politiker und Religionsführer, sowie den ganze Dunstkreis der sie unweigerlich umgibt. Und für sie alle gibt es keinen härteren Prüfstein, als das ständige Hinterfragen durch alle übrigen Beteiligten, die da sind:
Ich, du, er, sie, es, wir.
Also der ersten Gruppe.
Politiker und nochmehr Religionsführer sind es ja gewohnt, für eine gewisse Zeitspanne oder gar auf Lebenszeit, die Geschicke anderer Menschen leiten zu können. Und daraus ergibt sich in den meisten Fällen ein Machtanspruch der bis zur Unfehlbarkeit hingeht. Ich meine hier in erster Linie den selbstgefälligen Machtanspruch totalitärer Machthaber. Damit keine Missverständnisse aufkommen.
Demut ist bei den meisten dieser Herrschaften doch nur ein Fremdwort.
Die Geschichte kann uns ein recht guter Lehrmeister sein.
Ich erinnere Sie an den legendären Ruf: "Wir sind das Volk!"
Sehen Sie, das ist es zum Beispiel auch, was ich unter Disziplinierung der Entscheidungsträger verstehe. Zugegeben, das ist ein recht drastisches Beispiel, wenn ich gleich mit einem Volksaufstand, wie er sich da in der ehemaligen DDR abgespielt hat, daherkomme. Aber diesem Aufstand, diesem Ruf ist ja etwas vorausgegangen. Es haben sich ja nicht gleich spontan die Leute dazu hinreißen lassen. Da war zuerst die Überlegung, dann das Gespräch, wichtig, sehr wichtig, das Gebet, die Gemeinschaft, die Solidarität. Und daraus stammt das Hinterfragen, das ständige Hinterfragen.
Einmal Hinterfragen geht unter, verliert sich. Ständiges Hinterfragen, ständiges Hinterfragen vieler Beteiligter dringt jedoch recht schnell zu den Entscheidungsträgern. Und das ist ihnen lästig, sehr lästig sogar. Sie müssen handeln. Handeln nicht nach ihren eigenen Vorstellungen, sondern, zumindest zum Teil, nach den Vorstellungen der anderen. Tun sie das nicht, kommt es im Extremfall zu dem besagten Ruf: "Wir sind das Volk!"
Der Ausgang ist ja bekannt.
Ein paar Worte noch zu der DDR. Ich habe Jahre vor der Wende die DDR kennenlernen "dürfen". Nicht als Staatsbürger, sondern als kapitalistischer Ausländer, wie das einst so schön geheißen hat, was soviel heißt, ich war als Österreicher geschäftlich und privat dort. In meiner sorglosen und damals noch jugendlichen Art, war ich vorher der Meinung gewesen, dass man auch in einem solchen Staat irgendwie leben könnte, das heißt ich habe die ständigen Fluchtversuche vieler Menschen als übertrieben und letztendlich als dumm empfunden. Aber schon mein erster Grenzübertritt hat diese Meinung in's Wanken gebracht und nach ein paar Tagen schon, war nur mehr ein Trümmerhaufen von diesen Gedanken übrig.
Vieles davon findet sich in meinem ersten Roman wieder, den ich hab' mir da einiges von der Seele schreiben müssen und können. Noch heute werde ich gefragt: "War das wirklich so?" Und meine Antwort ist dann immer: "Ja, und zum Teil noch viel ärger!"
Nichts scheint kurzlebiger zu sein als politisches Erinnerungsvermögen, daher bin ich heute noch glücklich, dass ich selbst das erleben durfte, denn vielleicht würde ich jetzt immer noch eine falsche Vorstellung haben.
Aber zurück zu Honecker & Co. Diese Entscheidungsträger wurden diszipliniert. Aus ihrer Unfehlbarkeitstheorie, aus ihrem Absolutismus gerissen. Ein geschichtlich, bedeutsames Ereignis. Sicher. Nur wie bringen wir das jetzt mit unserem jetzigen Alltag, mit unserer jetzigen Verantwortung unter einen Hut?
Wir brauchen, sollen, dürfen, unser Staatssystem und unsere Religionen nicht zu stürzen. Aber wir sind so weit von guten Zuständen und ich sage bewusst nicht von paradiesischen, entfernt, das es höchste Zeit ist zu hinterfragen. Immer und immer wieder und damit zu disziplinieren. Die Entscheidungsträger zu disziplinieren.
(4)
Um nicht graue Theorie zu verbreiten, erzähle ich Ihnen wieder etwas selbst Erlebtes, aber diesmal aus der Gegenwart. Geschehen sozusagen jetzt, hier und heute. Einigen von ihnen wird ja der "Trauner Moscheenstreit" ein Begriff sein. Stark vereinfacht ausgedrückt, ist es dabei darum gegangen, dass diverse Leute in verantwortlicher Position in der Stadt Traun, auf keinen Fall die Ansiedlung einer kleinen Moschee im Ortszentrum, in der Fussgängerzone sehen und dulden wollten. Entgegen eindeutiger, gesetzlicher Bestimmungen.
Hier muss ich auch den Begriff Moschee einmal richtig definieren. Die großen Moscheen sind ja hinlänglich bekannt. Die kleine, von der ich hier spreche besteht aus einem ehemaligen Verkaufskiosk mit einem Lageranbau. Größe etwas über 200 Quadratmeter. Vielleicht sind es 25o. Liebevoll adaptiert, den Bedürfnissen einer kleinen moslemischen Gemeinde angepasst. Erkennbar lediglich durch ein Schild über der Eingangtür. Das ist auch schon alles.
Aber das alles war für viele Entscheidungsträger schon viel zu viel. In einer Flut von Bescheiden wurden da die wüstesten Konstruktionen aus allen möglichen und unmöglichen Gesetzestexten herangezogen um den Standort zu Fall zu bringen. Die Exekutive wurde mit schikanösen Aufträgen gegen den Vereins- und Moscheenbetreiber missbraucht, die Wirtschaftskammer hat als Helfer fungiert.
An dieser Stelle muss ich Hrn. Peter Zöhrer von ICRF meinen herzlichsten Dank aussprechen. Er hat die Sache nicht nur aufgegriffen, sie vielen Institutionen bekannt gemacht und was mir ganz, ganz wichtig erscheint, er hat die von mir verfasste chronologische Auflistung der Ereignisse rund um diesen Fall, im Internet veröffentlicht. Also hiermeit meinen aufrichtigsten Dank.
Als Baubehörde erster Instanz hat sich der Trauner Bürgermeister als Entscheidungsträger in diese unrühmliche Schlacht geworfen. Als wackerer Sozialdemokrat war dieses Engagement doch etwas erstaunlich. Doch wenn man die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat der Stadt Traun beachtet, werden diese, seine Schritte sofort verständlicher, wenn man sie überhaupt als verständlich bezeichnen kann. Also eine politische Mehrheit war und ist für diesen Politiker nur unter Zuhilfenahme einer uns allen bestens bekannten Partei zu erreichen. Am leichtesten zu erreichen. Mit der christlich-konservativen anderen Partei hat er und seine Partei, sich immer schon etwas schwerer getan.
Daher Schulterschluss rot-blau.
Da ist dann plötzlich ein Flugblatt an alle Trauner Haushalte gegangen, ein FPÖ-Flugblatt in dem folgendes zu lesen war:
-Moschee in der Fussgängerzone vertreibt potentielle Kunden.
-Existenz der Geschäfte bedroht.
-In der Bahnhofstrasse fühlt man sich schon wie auf dem Balkan.
-Turban und Pluderhose.
-Trauner fühlen sich dort nicht mehr wohl.
-Vermutlich werden wir Österreicher dort bald verjagt werden, oder brauchen einen Passierschein.
-Wenn die Geschäfte abwandern, ist Traun endgültig tot.
-Riesenärger um die Moschee.
-Für uns Freiheitliche kommen eben die Österreicher zuerst. U.s.w., u.s.w.
Ich glaube dazu ist ja weiter nicht viel zu sagen, außer dass die Grünen, die ÖVP, die Kirche, die Presse und die meisten Trauner Bürger und Bürgerinnen dazu geschwiegen haben.
So weit, so schlecht!
Meine Damen und Herrn!
Ich bin Moslem und ich bin Mitglied dieser Moschee.
Die übereinstimmende Meinung der überwiegend türkischen Glaubensbrüder war die:
"Da kann man halt nichts machen!"
Auf türkisch natürlich.
Die wenigen, welche nicht dieser Meinung waren, und ich darf heute doch mit einem gewissen Stolz behaupten: Ich war und bin an ihrer Spitze, haben dann die Übrigen doch überzeugen können:
So nicht!
(5)
Aber glauben Sie mir, leicht war das keinesfalls. Das Obrigkeitsdenken, die Unterwürfigkeit ist den meisten dieser türkischstämmigen Menschen schon von Geburt an eingeimpft worden. Die atatürk'schen Erziehungsmethoden haben fröhliche Urstände in der Moschee gefeiert. So war von Anfang an ein Kampf nach innen und außen vorprogrammiert.
Und ich glaube dass dieses Wissen um die innere Zerrissenheit, auch die unheilige Allianz von rot-blau gegen diese Moschee geschaffen hat, weiters auch das Wissen um das Augenverschließen von schwarz-grün. Ich habe schon immer feststellen müssen, das in Traun die Uhren doch ein wenig anders ticken als in der übrigen Republik.
Daher keine Pauschalierungen meinerseits.
Dieses "So nicht!" war dann die Geburtsstunde einer Plakatserie, welche da an der Moschee von recht vielen Traunerinnen und Traunern gelesen wurde. Das war aber auch die Geburtsstunde von der Disziplinierung der Entscheidungsträger. Damals wusste ich das aber noch nicht.
Es wurde schlicht und einfach hinterfragt:
Z.B.:
-Was seid ihr doch für seltsame Menschen? Wenn wir in Not sind, wie beim großen Erdbeben in der Türkei, bei den Kriegsgeschehen in Bosnien, im Kosovo, dann helft ihr uns. Schnell, großzügig, warmherzig. Wenn wir aber in eurer Mitte leben, arbeiten, beten, uns treffen wollen, dann vertreibt ihr uns!
Und weiter:
-Der Bürgermeister und sein Team hat die Räumung dieser Moschee veranlasst.
Auf einem anderen Plakat wurden die oft absurden Begründungen der Behörde veröffentlicht:
Z.B.:
-Dass das Installieren von drei Kaltwasserhähnen im Haus (für die rituellen Waschungen) die gesundheitlichen und hygienischen Verhältnisse im Ort verändern kann.
Traun ist eine Stadt mit rund 25.000 Einwohnern und daher brauche ich mich über diese Begründung für eine Ablehnung der Moschee wohl nicht weiter äußern. Aber es geht ja noch weiter:
-Dass die Zusammenkunft mehrere Menschen in einem Gebäude eine erhebliche Gefahr und eine wesentliche Belästigung herbeiführen kann.
Persönlich hat mir dazu noch die Behauptung gefehlt, dass bei Grippezeiten von verschnupften Türken eine Epidemie ausgehen kann.
Aber so weit ist man dann doch nicht gegangen.
Also die Plakate wurden gelesen, sehr aufmerksam gelesen, die Trauner Stadtpolizei hat ein Exemplar sogar gänzlich widerrechtlich abgenommen und sicher sind die angeführten Passagen recht ausführlich studiert worden. Das Impressum wurde beanstandet und von mir sofort gesetzeskonform geändert, und bei einer Stelle musste ich sogar den Wahrheitsbeweis antreten. Ich habe die Prüfung bestanden.
Der Bürgermeister und sein Team war angesprochen, der blaue Vizebürgermeister ebenfalls und sie sind.............unruhig geworden. Das hatten sie nicht erwartet. Zu allem Überfluss für sie ist dann doch noch die alarmierte Presse auf den Fall aufgesprungen. Der blaue Vize hat sich mehr oder minder versteckt und der Bürgermeister hat in einer ersten Trotzreaktion von "radikalen Elementen" gesprochen, welche jetzt das Sagen in der Moschee hätten. Damit war eindeutig ich angesprochen.
Über Nacht war ich ein "radikales Element" geworden und alle versuchten, und immer wieder angebotenen Gespräche mit dem Bürgermeister, wurden mit diesem Hinweis abgeschmettert.
So war eigentlich nur mehr der Weg über die Medien möglich. Die Presse, Radio und Fernsehen hatten plötzlich ein überwältigendes Interesse an dem "Moscheefall", im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Moschee sollte ja fallen, und auf Grund meiner deutschen Muttersprache und Entschlossenheit war ich zum Sprecher bestimmt worden, und habe mich mit einem Mal im Mittelpunkt des Interesses gesehen.
Wie man es drehen und wenden will: Es war anstrengend und es war ........schön.
Schön auch aus dem Grund, weil hier etwas gemacht wurde, was sich die Moslems in Österreich noch nie getraut hatten. Sogar die erste moslemische Demonstration in Österreich, ein Freitagsgebet auf einem öffentlichen Platz wurde durchgezogen und natürlich auch auf das ausführlichste in den Medien kommentiert. Positiv kommentiert. Der Höhepunkt war ein Bericht im "Report" im ORF der mittels 3-sat auch im deutschsprachigen Europa gesehen werden konnte.
(6)
Aber:
Der Bürgermeister betrachtet mich weiterhin als radikales Element, der Landeshauptmann hat trotz bester vorhergegangener Beziehungen, eine negative Einstellung zu mir gefunden, viele Traunerinnen und Trauner grüßen mich nicht mehr, jede Menge Drohanrufe sind bei mir eingegangen und doch........die Moschee existiert noch immer. Und das war ja unser aller Anliegen. Das heißt aber jetzt nicht, dass die Entscheidungsträger zurück gezuckt wären. Nein, das nicht. Lediglich gebremst sind sie worden und wir werden der Dinge harren müssen die da noch kommen.
Einige Worte möchte ich noch über Politiker, Institutionen, Vereine und eben Menschen verlieren, welche da im Ruf stehen, bei Menschenrechtsverletzungen, und das war bei uns ganz sicher der Fall, sich zu engagieren, einzugreifen, zu vermitteln und zu helfen. Ich kann ihnen meine Enttäuschungen, welche ich da erleben musste, gar nicht richtig vermitteln. Daher nur ein Ausspruch von einem der mich ebenfalls entäuscht hat: "So schaut's aus!"
Aber das nur nebenbei.
Was mir bei der ganzen Sache so wichtig geworden ist:
Das disziplinierende "So nicht!"
Und das haben die Leute doch ganz schön zur Kenntnis nehmen müssen. Ganz egal wie die Sache letztendlich auch ausgehen wird, ein Fortschritt und ich sage bewusst nicht, ein Sieg, in Bezug auf Disziplinierung ist erreicht worden.
Warum habe ich ihnen diese Geschichte erzählt?
Ganz einfach. Damit sie sehen können, das es geht. Es muss nicht immer so spektakulär sein, mit Presse und Fernsehen und so weiter. Es geht auch ganz einfach, ganz simpel. Grundvoraussetzung ist ein wirklicher Missstand und jede Menge Information.
Wir hören heute so viel von allgemeinen Desinteresse an gemeinschaftlichen Belangen, wir hören so viel von Politverdrossenheit, Religionsmüdigkeit. Dabei hat uns die Gemeinschaft, die Politik, die Religion vorrangig zu interessieren. Den diese Dinge bestimmen über uns alle, über unser Wohlergehen oder über unser Unglück.
Verzetteln, verplanen Sie sich nicht. Keiner kann alle Probleme lösen. Nehmen Sie sich nur den Teil aus Politik, Religion oder Gemeinschaft heraus, der Sie wirklich interessiert und, das ist jetzt ein wichtiges Und, .....und den Teil für den Sie bereit sind auch wirklich etwas zu tun. Den nur dann werden Sie etwas gut tun.
Und noch etwas ganz Wichtiges:
Trau'n Sie sich. Fürchten Sie sich nicht. Fürchten werden sich die anderen, die Entscheidungsträger, den sie sind es ja die diszipliniert werden sollen und müssen. Schließen Sie sich mit Gleichgesinnten zusammen und bleiben sie ständig ................... lästig!
Nur Beständigkeit sichert den Erfolg.
Das Betätigungsfeld ist ja riesengroß. Intolerenz, Rassenhass, Ausländerfeindlichkeit, Religionsfeindlichkeit und, und, und.
Sagen Sie nicht: "Na so schlimm ist das ja bei uns gar nicht." Womöglich noch mit einem beigefügten: "Gott sei Dank!"
Vor Kurzem erst habe ich einen Juden sagen hören: "Das alles", er meinte damit den Holokaust, "hat ja auch nicht mit Auschwitz und Mauthausen begonnen. Das hat auch klein angefangen, ist größer und größer geworden und am Ende waren sechs Millionen Menschen nicht mehr am Leben." Und ein zweiter, recht prominenter Mann jüdischer Abstammung, nämlich Marcel Reich-Ranicki, sagte: "Wir haben das nicht glauben können, wirklich nicht glauben können. Bis es uns selbst betroffen hat."
Na gibt das nicht zu denken!
Ich bin 1947 geboren. Und dafür danke ich Gott. 53 Jahre Frieden, zumindest hier bei uns, Frieden und Wohlstand. Ich glaube nicht, dass es dafür ein geschichtliches Pendant gibt. Bei aller Freude darüber, wehre ich mich dies als ein gnadenvolles Geschenk zu betrachten, welches man irgendwie rein zufällig eben zugeteilt bekommen hat. Wir alle wissen wie wackelig das alles ist. Heute noch scheinbar unumstößlicher Frieden, morgen schon furchtbarster Krieg. Siehe Yugoslawien. Und das auch noch vor unserer Haustür.
Und das sollte uns erneut zu denken geben.
(7)
Ich stelle die Behauptung in den Raum, Geschichte wiederholt sich, Geschichte muss sich aber nicht wiederholen.
Wir haben uns heute ein so gewaltiges Wissen, auch in geschichtlicher Hinsicht angeeignet, aneignen können, dass wir die Wechselspiele der Jahrtausende recht gut überblicken können. Trotzdem ist es noch immer nicht gelungen Lehren daraus zu ziehen. Wollen wir nicht, oder können wir nicht? Die Antwort ist schlicht und einfach:
Wir müssen Können können!
Oder sind wir alle zusammen keine Könner mehr?
Und schon wieder nehme ich das Lexikon zur Hand und sehe da zu meiner großen Überraschung, dass das Wort Könner mit Fachmann und Experte umschrieben wird. Da ist es wieder, das Wort Experte.
Gleichzeitig wiederholt sich auch mein schon erwähnter Seufzer:
Ja wenn's nur so wäre! Geb's Gott es wäre so!
Mein Lösungsvorschlag an Sie: Disziplinieren Sie sich!
Das zuerst und dann beginnen Sie mit den vielen "Ihr" und "Sie's"
Mehr als nur Denkanstöße will und kann ich ihnen dazu auch nicht geben.
Da sind einmal Dinge und Ereignisse wo sie eigentlich fast nichts zu tun brauchen. Wahlen, Volksabstimmungen, Befragungen. Gehen Sie hin, drücken Sie ihren Willen aus. Und wenn ihnen kein Programm, keine Partei gefällt, dann streichen Sie den Zettel einfach durch und wählen eben ungültig. Dieser Vorschlag löst meistens etwas an Erstaunen aus und dann kommt schon die Feststellung:
Da geh' ich halt überhaupt nicht hin!
Falsch! Deklarieren Sie sich als wahlbereiter, mündiger Bürger, dem das Ganze eben nicht gefällt. Das sind dann die Stimmen die den Entscheidungsträgern fehlen. Die die garnicht erst hingehen, denen wird doch nur ein statistischer Platz eingeräumt.
Wahlen mit ihren vorhergehenden Wahlkämpfen sind ja ein herrliches Betätigungsfeld für disziplinierende Bürgerinnen und Bürger. Wann kommen ihnen die Entscheidungsträger schon so nahe wie bei Wahlkämpfen? Zeigen Sie keine Berührungsängste. Sie sind es von denen diese Frau, dieser Mann etwas will. Nämlich ihre Stimme. Nützen Sie ihre einmalige Machtposition. Reden Sie, disziplinieren Sie!
Doch gleich nach einer Wahl kommt die wirkliche Arbeit auf uns zu. Die Meinung, dass die, gemeint sind wieder die Entscheidungsträger, sowieso dann machen was sie wollen, also von dieser Meinung sollten Sie ganz rasch abrücken. Sie dürfen einfach nicht machen was sie wollen. Also disziplinieren Sie weiter. Verlangen Sie Termine, schreiben Sie Briefe, gehen Sie zu Sprechtagen, informieren Sie die Medien wenn es sein muss.
Nicht der momentane Erfolg zählt. Was zählt ist die Beharrlichkeit.
Sollte zum Beispiel unsere schöne, kleine Moschee in Traun doch noch zerstört und ihre Mitglieder vertrieben werden, dann muss zumindest bei allen beteiligten Entscheidungsträgern ein bitterer Nachgeschmack hängenbleiben, der sie hindern sollte, einen solchen Versuch kein zweites Mal zu probieren. Damit ist dann schon viel erreicht.
Jede noch so große Reise beginnt mit dem ersten, kleinen Schritt. Machen wir uns auf den Weg.
Die Wichtigkeit der bestmöglichen Information ist schon erwähnt worden. Darauf möchte ich aber nochmals hinweisen. Die Entscheidungsträger sind immer oder zumeistens, gutgeschulte Leute in der Polemik und in der Rethorik. Nicht immer aber in der Sache, die sie vertreten. Daher suchen Sie nicht ihr Heil in Polemik und Rethorik, schaden kann es natürlich auch nicht wenn Sie damit umgehen können, sondern punkten Sie mit Sachkenntnis. In Sachkenntnis und Menschenkenntnis. Das sich anzueignen ist auch eine gewisse Unterart der Selbstdisziplinierung.
Machen Sie's, probieren Sie's!
Bei Religionsgemeinschaften, bei Religionsführern ist das alles ungemein schwieriger. Doch auch ihnen behagt nichts weniger, wie langanhaltende, profilierte und natürlich gerechtfertigte Kritik. Änderungen am Dogma gelten zwar im Allgemeinen als unmöglich, und sie sollten daher nur nach reiflichster Überlegung, erst einmal angedacht und dann tunlichst nicht verlangt werden. Hier bedarf es schon einer größtmöglichen Gemeinschaft von Gleichgesinnten, welche dann auch noch über ein beachtiches Wissen und eine noch beachtlichere Überzeugungskraft verfügen müssen, gepaart mit einer schier endlosen Beharrlichkeit.
(8)
Ich als Moslem weiß da sicher recht gut, wovon ich rede.
Aber wie heißt es so schon im Lotto: Nichts ist unmöglich, wenngleich ihre Erfolgsaussichten eher mit einem Lottotreffer vergleichbar sein werden.
In allen anderen Belangen kann ich ihnen jedoch eine recht hohe "Trefferquote" vorhersagen. Es gelten die selben Regeln, wie für die Politik.
Und diese Regeln gelten auch für alles andere. Mit Religion und Politik und deren Entscheidungsträgern habe ich ihnen sicherlich zwei große Brocken vorgelegt, welche aber nahezu in alle Belange des Lebens eingreifen. Doch es kann unsere hochgelegte Latte, hierarchisch herunter geschraubt werden. Bis wir zu unserem Nachbarn, Freund, Partner, Chef u.s.w. kommen, welcher vielleicht auch disziplinierungsbedürftig sein kann. Die Bandbreite reicht von A wie z.B. Ausländerfeindlichkeit bis zu Z wie Zynismus oder Zusammenarbeit.
Alles kann enthalten sein. Das Leben ist nun mal bunt. Da ist für jeden etwas dabei. Und jeder ist angesprochen.
Ohne Ausnahme.
Wenn Sie bisher "nur", und dieses Nur setze ich bewusst unter Anführungszeichen, also "nur" zu den "Zahlschein - Nichttätern" gehört haben, sollten Sie mir jetzt Besserung geloben.
Zur Aufklärung:
"Zahlschein - Nichttäter" sind für mich jene Menschen, welche bereitwilligst mittels Zahlschein an alle möglichen Institutionen spenden, sonst aber nichts tun. Wir Österreicher sind nicht nur Spendenweltmeister, sondern auch rekordverdächtige "Zahlschein - Nichttäter".
Werden Sie ganz einfach ein "Zahlschein - Täter"!
So einfach ist das.
Noch ein Wort zum Wort Disziplinieren:
Wenn ihnen dieses Wort jetzt noch immer nicht gefällt, dann ersetzen sie es ganz einfach durch ein anderes Wort.
Auch hier ist die Auswahl recht groß.
Und wenn Sie schon zu den "Disziplinierern" oder etwas ähnlichem gehören, kann ich Sie nur beglückwünschen. Machen Sie weiter. Und wenn nicht, fangen Sie an. Am besten noch heute.
Dazu wünsche ich ihnen jedenfalls Gottes Segen.
Ich danke ihnen.
Günther A. Rusznak
Traun, Jänner 2000