BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT
LINZ
LAND
4021 Linz
Kärntnerstraße
I6 Postf. 354
An die IG-MG
Vereinigung der neuen
Weltsicht (Milli Görüs")
z. H. des Obmannes
Hüseym MEMISOGLU
Obere Dorfstr. 9
4616 Weisskirchen
Versammlungsanzeige;
Untersagung der Versammlung am
23.3.2001 m Traun;
BESCHEID
Mit
Schreiben vom 19.3.2001 haben Sie der Bezirkshauptniannschaft Linz-Land die Abhaltung
einer Versammlung am 23.3.2001 in der Zeit von 13.00 Uhr bis 15.30 Uhr in Traun,
Madlschenterplatz, und auf der Bahnhofstraße bis Haus Nr. 6 angezeigt. Als
Versammlungszweck wurde die Demonstration gegen die Schließung der Moschee in der
Bahnhofstraße 4-6, gegen Ausländerfeindlichkeit, Ausgrenzung und Intoleranz angegeben.
Über
diese Versammlungsanzeige ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Organ der
mittelbaren Bundesverwaltung in I. Instanz nachstehender
Spruch:
I.)
Die
Abhaltung der von Ihnen am 19.3.2001 für 23.3.2001, 13.00 - 15.30 Uhr, in Traun,
Madlschenterplatz und Bahnhofstraße bis Haus Nr. 6, angezeigten Versammlung wird
untersagt.
Rechtsgrundlage:
§§ 6 des
Versammlungsgesetzes, BGBl.Nr. 98/1953 idgF iVm §§ 58 und 59 des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG). BGBl.Nr. 51/1991 idgF.
II.)
Einer
allenfalls gegen diesen Besceid eingebrachten Berufung wird die aufschiebende Wirkung
aberkannt.
Rechtsgrundlage:
§64 Abs. 2 des
Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.
Begründung
Gemäß § 1 des Versammlungsgesetzes sind
Versammlungen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes gestattet.
Wer eine Volksversammlung oder überhaupt ein
allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten
will, muss dies gem. § 2 (1) Versammlungsgesetz wenigstens 24 Stunden vor der
beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zwecks, des Ortes und der Zeit der Versammlung
der Behörde einlangen.
Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen
zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder öffentliche Wohl
gefährden, sind gemäß § 6 Versammlungsgesetz von der Behörde zu untersagen.
Mit Eingabe vom 19.3.2001 haben Sie für 23.3.2001, 13.00 15.30 Uhr in Traun, Madlschenterplatz und Bahnhofstraße bis zum Haus Nr.6 eine Versammlung angezeigt. Eingelangt ist diese Versammlungsanzeige ebenfalls am 19.3.2001, sohin fristgerecht.
Die Teilnehmerzahl wurde mit 500 angegeben. Weiters enthält die Versammlungsanzeige nachstehenden Wortlaut:
Es werden Flugblätter verteilt und im Rahmen
der Demonstration wird das islamische Freitagsgebet auf dem Platz und auf der Straße
unter freiem Himmel verrichtet. Dazu werden die Teilnehmer Gebetsteppiche vor sich
aufbreiten. Es wird dies ein friedlicher Protest sein, mit ein bis zwei Ansprachen zum
Thema Vertreibung aus der Moschee, Ausländerfeindlichkeit, Ausgrenzung und Intoleranz.
Das Freitagsgebet wird abgehalten mit einem religiösen Vortrag eines Imams (hoher
geistlicher islamischer Würdenträger). Die Reden und die Gebete werden mittels Mikrophon
und eines Lautsprechers verstärkt.
In Traun findet in der Linzer
Straße/Heinrich-Gruber-Straße/Bahnhofstraße jeweils freitags von 12.00 bis 18.00 Uhr
der sogenannte Bauernmarkt statt.
Die Fa. Optiker Volk hat vor 3 Wochen
der Städtischen Sicherheitswache der Stadtgemeinde Traun die Veranstaltung
Autogrammstunde mit dem Schispringer Andreas Goldberger
samt musikalischem Rahmenprogramm (mit Lautsprecher) angezeigt. Seitens der Stadtgemeinde
Traun wurde gegen diese Veranstaltung unmittelbar vor dem Optikgeschäft Volk kein Einwand
erhoben. Vor dem Geschäft wird eine Bühne aufgestellt sowie ein Servicewagen der Fa.
Carrera.
Die Musikdarbietung erfolgt mittels Musikanlage und
Lautsprecher. Ein Moderator wird die Veranstaltung begleiten. Es werden zahlreiche
Besucher, darunter auch Personen des öffentlichen Lebens (z.B. Politiker) und viele
Kinder, erwartet, zumal auch in den Schulen viel Werbung betrieben wurde.
Die Abhaltung der ggst. Versammlung an diesem Ort
würde aus folgenden Gründen eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit
und des öffentlichen Wohles bedeuten:
Äußerst ungünstig erweist sich das
Zusammentreffen von 3 Veranstaltungen, die zeitgleich und fast am selben Ort
bzw. in einem unmittelbaren räumlichen Naheverhältnis stattfinden.
Dazu kommt, dass sowohl bei der von Ihnen angezeigten Versammlung als auch bei der ovn der Fa. Volk (schon 14 Tage vorher) angezeigten Veranstaltung Mikrophon und Lautsprecher zum Einsatz gelangen sollen. Aufgrund des unmittelbaren räumlichen Naheverhältnisses würde es zweifelsfrei zu akustischen Überlagerungen kommen. Überdies kann bei der gegebenen räumlichen Überlagerung keine sicherheitspolizeiliche Trennung der verschiedenen Teilnehmerkreise gewährleistet werden.
Dazu kommt, dass in der Bevölkerung, die in
großer Zahl zum Bauernmarkt kommt, eine aufgebrachte Stimmung gegen die
Versammlungsteilnehmer zu befürchten ist, da der Verein trotz konkreter Angebote des
Bürgermeisters für eine neue Moscheeräumlichkeit und trotz der vom Trauner Pfarrer
angebotenen Übergangslösung, für das Freitagsgebet 3 Monate das Pfarrheim zu benutzen,
diese Versammlung abhalten will. Auch die nicht eingehaltene Zusage des Vereinssprechers,
sich einer für 14.3.2001 angesetzten Räumung der Moschee nicht zu widersetzen, hat zur
Verschlechterung der allgemeinen Stimmung gegen den Verein beigetragen, sodass auch aus
diesem Grund Ausschreitungen nicht auszuschließen sind.
Weiters liegen sicherheitspolizeiliche Erkenntnisse
vor, die die Teilnahme von zahlreichen -
auch gewaltbereiten Fundamentalisten an der Versammlung erwarten lassen, was eine
weitere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Falle der Eskalation der Situation
nach sich ziehen würde.
Das Sicherheitsrisiko wäre bei einer derart großen Menschenansammlung, der nicht möglichen sicherheitspolizeilichen Trennung der jeweiligen Teilnehmer und der verschieden Interessenslagen der Teilnehmerkreise viel zu hoch.
Ungeachtet des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Meinungskundgabe und Durchführung von Versammlungen und des Art. 11 Europäische Menschenrechtskonvention EMRK, ist aufgrund o.a. Umstände eine derartige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des öffentlichen Wohles zu besorgen, dass mit der Untersagung dieser Versammlung vorzugehen war.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung war im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (somit im Interesse des öffentlichen Wohles) wegen Gefahr im Verzug erforderlich, da bei Vorliegen einer aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung eben jene Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eintreten würde, welche durch den gegenständlichen Bescheid hintangehalten werden soll.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich das Rechtsmittel der Berufung bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstr. 16, 4021 Linz, eingebracht werden. Diese Berufung hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und hat einen begründeten Antrag zu enthalten. Die Berufung ist mit 180,00 Schilling (entspricht 13,08 Euro), jede Beilage 50,00 Schilling (entspricht 3,63 Euro) pro Bogen, maximal jedoch 300,00 Schilling (entspricht 21,80 Euro), zu vergebühren.
Der Berufung kommt jedoch keine aufschiebende Wirkung zu. Der Beschied wird daher sofort rechtswirksam.
Er geht gleichlautend an:
1. das Bezirksgendarmeriekommando Linz-Land, 4050 Traun;
2. die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich, Nietzschestr. 33, 4020 Linz;
Anmerkung der Redaktion:
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