Empfehlungen zum Umgang mit Neuen Religiösen Bewegungen aus der Sicht des Forschungsteams:
Aus unserer Sicht muß eine Information über die NRB (Neuen Religiösen Bewegungen) drei Kriterien erfüllen: Sie muß ausgewogen, sachlich und selbstkritisch sein. Ausgewogen heißt, nicht durch Anhäufung negativer und Auslassung positiver Aspekte das Bild zu verzerren, heißt, den Beobachtungen die Bedeutung zuzumessen, die ihnen innerhalb der Gruppe zukommt, und nicht jene, die in das Interpretationsschema des Beobachters passen. Es dürfen nicht einzelne Vorkommnisse als typisch hingestellt werden, bestimmten Lebensregeln nicht eine Bedeutung zugesprochen werden, die sie nicht haben, Perspektiven dürfen nicht verzerrt werden. Das, was dem Außenstehenden zuerst in die Augen springt, mag für die Gruppe gar nicht so wichtig sein; was auf Grund der kulturellen Andersartigkeit sofort registriert wird, wird auch meist falsch interpretiert. Es ist weiters sehr billig, religiöse Riten ins Lächerliche zu ziehen und symbolische Ausdrucksweisen verschiedener Texte der Gruppen in einer Weise zu interpretieren, die den Gruppenintentionen nicht entsprechen - auch religiöse Texte der Großkirchen können auf einen nicht Eingeweihten sehr befremdend wirken, sie haben nur ihre Schärfe in der gewohnten Unverbindlichkeit verloren. Eine sachliche Information erfordert überdies eine Beschreibung, bei der Beobachtung und Beurteilung in erkennbarer Weise voneinander getrennt werden. Auch das trifft auf die gängige Berichterstattung über die NRB nicht zu. Ebenso fehlt meist das selbstkritische Element, nämlich das Einbekenntnis der Relativität und Gebundenheit des eigenen Standorts. Bei der Berichterstattung über NRB werden diese Prinzipien permanent verletzt. Das ist deswegen möglich, weil die auf Sensationen ausgerichtete Verfälschung mit breiter Zustimmung rechnen kann. Geschädigt werden damit aber nicht nur die Mitglieder der Gruppen selbst, sondern auch ihre Angehörigen und ehemalige Mitglieder.
(Ursachen und Wirkungen gesellschaftlicher Verweigerung junger Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Jugendreligionen, Wien 1981, S. 356)