Der "Trauner Moscheenstreit"


Chronologische Auflistung
der Ereignisse rund um die "Mescid Ül Aksa Camii"
mit
Kurzkommentaren von Günther Ahmed Rusznak, Schriftsteller und Moscheesprecher


7. Juli 1997

Aufkündigung des Mietverhältnisses der "Kleinen Al Aksa Moschee" in der Bahnhofstraße 31. Der Vermieter benötigt die Räumlichkeiten für eigene Zwecke. Kündigungsfrist: l Jahr.

Es folgt eine ebenso unermüdliche wie ergebnislose Suche nach einem neuen Vereins- und Moscheestandort.

Erster Versuch, Hilfe durch den Bürgermeister bei der Standortsuche zu erhalten. Vergeblich, keine Antwort auf den Brief und auf die telefonischen Urgenzen.


April 1998

Erste Gespräche mit der Firma Graumann bezüglich einer Anmietung in der Bahnhofstraße 4 - 6. (Trauner FUZO)

Ende April 1998 Abschluss des Mietvertrages, vorzeitiger Ausstieg aus dem alten Mietvertrag im guten Einvernehmen. Beginn der Adaptierungsarbeiten in den neuen Räumlichkeiten.

Heftige Auseinandersetzungen mit einem Nachbarn: "So geht das nicht, ihr braucht eine Baubewilligung." Wir sind anderer Meinung und mit uns einige Fachleute, welche wir kontaktiert haben.

Der Nachbar dürfte eine Anzeige gemacht haben, denn am 22. April 1998 kommen zwei Beamte der Baubehörde und nehmen die Umbauarbeiten zu Protokoll. ORF (Heimat, fremde Heimat) ist anwesend und filmt die Amtshandlung trotz massiven Protestes.


23 April 1998:

Die Baubehörde I. Instanz ist zur Auffassung gekommen, das die Umbauarbeiten bewilligungspflichtig sind und fordert uns auf, die Arbeiten unverzüglich einzustellen. Es sind jedoch nur mehr Malerarbeiten und sonstige kleine Arbeiten (nicht bewilligungspflichtige) zu tätigen, so dass wir die Moschee fertigstellen können. In der Aufforderung wird ausdrücklich festgehalten, dass die Filmaufnahmen ohne Zustimmung der Behördenorgane gemacht wurden.

Telefonische Drohungen seitens des Bauamtes: Konsequenzen, Stadtpolizei etc.


8. Mai 1998

Endgültiger Bescheid des Bauamtes: Untersagung der bewilligungspflichtigen Bauarbeiten.


8. Mai 1998, 22.00 Uhr

"Besuch" der Stadtpolizei: Es liegt eine Anzeige wegen nicht bewilligter Bauarbeiten und wegen nicht konzessionierten Handels mit Lebensmittel vor. Bauarbeiten sind beendet und für das kleine Geschäft, welches der Moschee angeschlossen ist gibt es eine Konzession.

In den nächsten Tagen reger Verkehr von Uniformierten vor der Moschee. Ein Rechtsanwalt wird von uns eingeschaltet um in allen Fragen Rechtssicherheit zu erhalten.


16. Mai 1998

Eröffnung der Moschee, Einladungen, Bewirtung, türkisches Femsehen, heimisches Radio, viele Ausländer (z.T. eingebürgert), keine Inländer, trotz Einladung.


18. Mai 1998

Bescheid: Untersagung der Benützung des Gebetsraumes. (Wichtigster Teil der Moschee) Begründung: Feuergefahr, mögliche Störung der öffentlichen Ordnung durch das Zusammenkommen von mehreren Personen, Gehrdung der hygienischen Verhältnisse durch die Installation von drei Kaltwasserhähnen für die rituellen Waschungen und einiges Absurde mehr. 


20. Mai 1998, 11.50 Uhr

Gespräch mit der Bauabteilung der Stadtgemeinde. Vorschläge von uns: Wir erfüllen alle Auflagen bis in's kleinste Detail, und bringen einen nachträglichen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung ein. Dies, so hat uns unser Anwalt gesagt, sei eine übliche Praxis im Staate Österreich. Dies wird uns auch von der Baubehörde bestätigt. Aber........

Nachdem irgendeinmal unser jetziger Standort dreigeschoßig verbaut werden soll, kann es keine Baubewilligung geben. Nicht bewilligungsfähig nannte man das. Wir könnten zwar ansuchen, aber...... Keine Chance!

Unser Anwalt legt Berufung um Berufung ein. Zumindest hat dies aufschiebende Wirkung und wir können beten und uns treffen.  


31. Mai 1998

Neuerliche Kontrolle des Gewerbescheines durch Uniformierte. Beanstandung: Die Verlegung des Standortes wurde noch nicht gemeldet.


15.Juni 1998

Dreimaliger "Besuch" von Umformierten, jedoch ohne Erfolg, da niemand da ist der Deutsch spricht. Ich gebrauche ausdrücklich den Begriff Uniformierte, da es nicht immer klar ist, ob Stadtpolizei oder Gendarmerie.

Strafverfügung über 1.000.— wegen Nichtmeldung der Standortverlegung, obwohl dies nach der Beanstandung rasch erledigt wurde.
 


1. Juli 1998

Sudelschrift der FPÖ (FPÖ - Dialog) wird an alle Trauner Haushalte verteilt. Die Moschee bedroht die Existenz der Trauner Geschäfte. Die Moschee in der FUZO vertreibt potentielle Kunden. Trauner fühlen sich in der Fuzo nicht wohl.

Vermutlich werden die Österreicher bald verjagt werden bzw. werden sie bald einen Passierschein brauchen. (Passagierschein steht tatsächlich da, aber vielleicht lernen einige in der FPÖ auch erst Deutsch)

Bahnhofstraße = Balkan. Eine betagte Anrainerin fürchtet sich. Turban und Pluderhose herrschen vor. Riesenärger u.s.w. 


2.
Juli 1998

Kontrolle durch die Lebensmittelpolizei. Keine Beanstandungen.


7. Juli 1998

Antwortplakat auf den Schaufenstern der Moschee mit der Aufforderung zu einem wirklichen Dialog wird von bekannten FPÖ - lauten mittels Videokamera aufgenommen. Zum Dialog kommt es nicht. 


August 1998

Hilfeverweigerung durch die Stadtgemeinde bei einem vermuteten Kanalgebrechen. Keine Kanalpläne vorhanden.


August 1998

Beseitigungsauftrag für einen Teil des Gebäudes. 1962 wurde das Gebäude um einen Zubau erweitert, ein Teil des jetzigen Gebetsraumes. In der damaligen Baubewilligung finden die findigen Gemeindeorgane einen Zusatz: "Auf Aufforderung ist der Zubau wieder zu entfemen." Nach 38 Jahren kommt nun die Aufforderung. Einsprüche durch unseren Anwalt.
 


4. Dezember 1998

Die Wirtschaftskammer hat einen Privatdetektiv engagiert und ist zur Auffassung gelangt, dass wir unerlaubt das Gastgewerbe ausüben. Gegen den Strafbescheid wird ebenfalls berufen und nach langem Verfahren bekommen wir bestätigt, dass wir das Gastgewerbe nicht ausüben, sondern lediglich im Rahmen der Vereinsträtigkeit Speisen und Getränke unter unsere Mitglieder bringen.


16. Dezember 1998

Erstrechnung unseres Anwalts: ATS 40.000,-


Jänner 1999

FPÖ - Chef von Traun, Hr. Ing. Mahr besucht uns in der Moschee. Wir sollten die Postwurfsendung nicht so ernst nehmen, Wahlkampf u.s.w., außerdem hätte er sowieso nichts gegen Ausländer, aber......

Der Standort der Moschee geht halt einfach nicht. Er wird sich um eine Lösung des Problems bemühen. Vorwegnahme durch den Autor: Bis heute ist nichts geschehen.

Aufnahme von Gesprächen mit dem Trauner Pfarrer. Gedankenaustausch, Problemlösungen, Frauentreffen etc. Mit der Standortfrage der Moschee haben diese Kontakte nichts zu tun.


August 1999

Erdbeben in der Türkei. Allgemeine Lähmung aller Aktivitäten. Ausgenommen Hilfeleistungen aller Art an die Betroffenen.


11. Oktober 1999

Unser Rechtsberater ist fast am Ende seiner Weisheiten und er kann uns nurmehr den Weg zum Höchstgericht anbieten. Seine Kosten belaufen sich in der Zwischenzeit auf rund achzigtausend Schilling und als er die Kosten für den neuerlichen Vorstoß nennt, resignieren wir. Das können wir uns einfach nicht leisten.


13. Oktober 1999

Versuch einen Termin beim Bürgermeister zu bekommen. Eine für alle akzeptable Lösung unseres Standortproblems soll erreicht werden. Eine Woche später werde ich angerufen und die Sekretärin des Bürgermeisters, Frau Haidacher, fragt mich ob ich den Termin noch wahrnehmen möchte. Es wären nämlich schon zwei Herrn vom Verein dagewesen und die Sache wäre besprochen. Die beiden "Herrn" sind dann rasch ausfindig gemacht worden. Es sind a.) der Obmann des Trauner Integrationsvereins, also Nichtmitglied des Moscheevereins, Hr. Osman Cetinkan, türkischstämmig, mit einer Österreicherin lebend, welche im Gemeinderat sitzt (SPÖ, also die Bürgermeisterpartei) und b.) Hr. Ercan Yesiltas, Moscheemitglied, aber nicht wie der Bürgermeister später dann behaupten sollte, Obmann der Moschee.

Diesen beiden Männern teilt der Bürgermeister lapidar mit, dass die Moschee bis spätestens März 2000 geräumt sein müsse. Ersatzquartier hat er keines für uns. Ende der Besprechung. So kann man Gespräche auch führen. Mit einem eingeschüchterten und einem treu ergebenen Türken.


31. Oktober 1999

Neuwahl des Obmanns. Neuer Obmann ist Osman Gülec. Der neue Obmann versucht unnötigerweise Termine beim Bürgermeister zu bekommen. Bekommt sie aber nicht.

Protest und Widerstand wird erstmals erwogen. 


27. November 1999

Mit wenigen Gegenstimmen wird der Protest beschlossen.


8. Dezember 1999

Einen Tag vor Ramadan Beginn der Protestaktionen. Protestplakate kommen in die Auslagen der Moschee, Presseaussendungen, Unterschriftenaktion, zwei Lokalzeitungen berichten, ebenso der türkische Kanal 7 (europaweit). Hilferuf an die Grünpolitikerin Frau T. Stoisits - umsonst.


12. Dezember 1999 22.00 Uhr

Drei (!) Streifenwagen fahren vor der bereits geschlossenen Moschee vor und die Besatzungen studieren aufmerksam die ausgehängten Plakate.

Menschenfreunde International statten uns einen Besuch ab, ebenso der Obmann der islamischen Religionsgemeinschaft für Oberösterreich und Salzburg, später wird er Vizepräsident für Österreich sein. Michael Mohammed Hanel. Er will dem Bürgermeister um einen Gesprächstermin bitten, tut das dann schriftlich, dann mittels FAX und letztendlich telefonisch, ohne den geringsten Erfolg. Der Bürgermeister ist nicht zu sprechen.


16. Dezember 1999 22.00 Uhr

Die Exekutive studiert nochmals äußerst aufmerksam die Plakete. Scheinbar ist ihnen beim ersten Mal etwas entgangen.

FAX - Proteste gehen von allen möglichen Vereinen an den Trauner Bürgermeister, ebenfalls mit der Bitte um Gespräche.

ORF - Minderheitenredaktion meldet wieder Interesse an. Brief an Dr. Dr. Günther Nenning mit der Bitte um Hilfe. Keine Reaktion.

Zum Jahresende Beanstandung durch die Trauner Polizei. Der Satz auf den Plakaten "Die Trauner Polizei hat zahlreiche Observierungen vorgenommen", stößt den Ordnungshütern sauer auf und sie nehmen ein Plakat als "corpus delicti" mit. Bei meinem Protest auf dem Wachzimmer höre ich, dass rechtliche Schritte von der Interessensvertretung gegen uns geplant sind. Ich kann aber den Wahrheitsbeweis antreten, da in Bescheiden des Stadtamtes Traun von mehreren Observierungen die Rede ist.

Einige Mitglieder haben ein mögliches Ausweichquartier gefunden. Bahnhofstraße 37. Ein altes baufälliges Haus, aber immerhin. Verhandlung mit dem Makler. Anfrage auf der Gemeinde, ob wir dürfen. Grundsätzlich ja, aber..... Der Beamte will sicher gehen und wir sollten in einigen Tagen wieder kommen.

Einige Tage später-. Das Haus soll unter Denkmalschutz gestellt werden. Aus. Keine Chance. Von anderen Interessenten erfahren wir dann, von Denkmalschutz war bei ihnen nie die Rede.


12.Jänner 2000

Die Trauner Stadtpolizei kommt zur Erkenntnis, dass das Impressum auf unseren Plakaten unvollständig sei. Abnahme oder neues Impressum. Wir nehmen die Plakate ab. Brief an Willi Resitarits. Ostbahnkurti, Dr. Kurt Ostbahn. Nicht einmal ein herzhaftes "L.m.a.A" kommt zurück. "So schauts aus"


13. Jänner 2000

Frauentag in der Moschee. Rund fünfzig moslemische Frauen treffen auf fünf (!) österreichische Frauen. Soll aber trotzdem lustig gewesen sein.

Erste Protestmüdigkeit, auch wegen der Erfolglosigkeit macht sich breit.


18, Jänner 2000

Herr Benofsky (ORF, Wien) ruft nach Rücksprache mit mir, die Bezirkshauptmannschaft Linz - Land an und erkundigt sich nach unserem Fall. Zuerst gibt es keinen Akt, als jedoch die Gewissheit durchsickert, dass sich wirklich der ORF für den Fall interessiert, wird Hr. Benofsky am 31. Jänner 2000 gründlich aufgeklärt.


31. Jänner 2000

Der Akt soll demnach nochmals genauestens geprüft werden. Sollten wir Pech haben, wird eine Nachfrist für die Beseitigung der Umbauten von ca. drei Monaten gewährt und dann wird, falls nicht erfüllt, behördlicherseits der Abbruch veranlasst. Das wäre aber vorher wieder berufbar.


5. Februar 2000

M.M. Hanel organisiert in Linz ein Treffen mit dem Landtagsabgeordneten Dr. E. Watzl und Dr. K. Pree, Fraktionvorsitzender i.R. Das Treffen findet in der Linzer Moschee statt. Thema: Ist eine ÖVP/FPÖ Koalition in Österreich ein Problem für Gläubige. Nach Beschwichtigungsversuchen beider Herrn kann ich die Probleme der "Mescit" in Traun zur Sprache bringen. Hr. Dr. Watzl verspricht, sich für uns einzusetzen. Versprochen - gebrochen. Nichts ist geschehen.


Februar 2000

Der Vermieter der Moschee berichtet mir:

Bei ihm waren vor Kurzem der Obmann des Integrationszentrums, Osman Cetinkan, seine Lebensgefährtin und ein nicht näher bekannter Mann. Sie wollten von ihm das leerstehende Geschäftslokal neben der Moschee mieten. Für das Integrationszentrum bzw. als Vergrößerung desselben. Umbauten wären natürlich notwendig. Der Vermieter verweist auf die Schwierigkeiten, welche die Moschee mit Umbauten habe. Das werde man schon irgendwie regeln, erklärt man ihm. Aus dieser Aussage geht recht deutlich hervor: Moscheeumbauten nicht bewilligungsfähig, für (rote) Institutionen keine Bewilligung notwendig. Der Vermieter ist angewidert und vermietet nicht.

Zwischendurch kommen wieder Uniformierte und beanstanden die angeblich nicht eingehaltenen Sperrzeiten des Geschäftes.


28. April 2000


ORF (Willkommen Österreich) macht ein Porträt von mir und meiner Frau.(Sendung am 9. Mai 2000). Die Geschichte der Moschee wollen sie nicht bringen, obwohl ich darauf dränge. Man will das in einer anderen Sendung nachholen. Diese Zusage bewahrheitet sich dann.

9. Mai 2000

Zwischendurch immer wieder Treffen mit dem Trauner Pfarrer und dem Pfarrgemeinderat. Das Standortproblem wird nur gestreift. Frauentreffen finden statt.

Schreiben der Bezirkshaupmannschaft Linz-Land trifft ein. Androhung der Ersatzvornahmen. Das heißt im Klartext: Wir müssen innerhalb von 2 (statt der zugesagten 3) Monate, den "Urzustand" des Gebäudes wieder herstellen, besonders erwähnt werden die nun schon berühmten, gefährlichen Wasserhähne. Der Besitzer hat den Zubau abzutragen. Ganze Arbeit also.

Die Frage nach den genauen Recherchen der Behörde drängt sich auf. Niemand war bei uns, niemand hat sich die Baulichkeiten angesehen. Vom Schreibtisch aus ist entschieden worden. Der Protestgedanke wird neuerlich überstark. 


9. Juni 2000

Ein neuer Rechtsanwalt wird eingeschaltet. Er steht dem Protestgedanken positiv gegenüber und daher gibt auch die Zentrale in Wien (IG-MG) grünes Licht.


18.Juni 2000

Der Obmann unterschreibt die Anmeldung zur Demonstration und ich gebe sie am Posten Traun ab. Eine Stunde später kommt schon der Anruf der Bezirkshaupmannschaft Linz - Land. Der Bürgermeister hat Bedenken, da zur selben Zeit der Trauner Bauernmarkt stattfindet. Weitere Straßensperren seien nicht zumutbar etc., etc.

Am Montag darauf, den 19. Juni findet daher ein Gespräch und eine Begehung statt. Keine Einwände seitens der Exekutive und der Bezirksbehörde. Die Presseaussendungen zeigen Wirkung.

Rundfunk, Femsehen, und viele Zeitungen rufen an. Als Moscheensprecher bin ich der Kontaktmann, nicht zuletzt wegen meiner deutschen Muttersprache. Interviews, endlose Telefonate. SOS - Mitmensch interessiert sich.


22. Juni 2000

Donnerstag den 22. Juni 2000 kommt der erste Bericht in der Linzer Rundschau und am Freitag den 23. Juni ist Demo-Tag. Das heißt Freitagsgebet unter freiem Himmel, um zu zeigen, dass wir bald kein Dach mehr über dem Kopf haben werden.

Das Gebet versinkt im Regen. Viel zu wenig Leute kommen. Ca. 200. Wir hatten mit viel, viel, viel mehr gerechnet. Doch die Presse, das Femsehen, alle sind da und berichten, bzw. werden berichten. Wir sind durch und durch nass, aber glücklich. Die Stimmung ist bestens.

Einigung: Der Protest soll weitergehen. Nächste Freitagsgebet am 30. Juni 2000. Der Bürgermeister hat aber schon in einem Radiointerview bekannt gegeben, dass er die Demos in Zukunft unterbinden werde. Ein echter Demokrat! Für den 30. Juni bekommen wir dann auch keine Erlaubnis. Es findet am ersten Juli das Stadtfest statt und auf allen verfügbaren Plätzen finden Aufbauarbeiten statt. Auf dem von uns angepeilten Platz wird lediglich eine tranportable Kleinbühne hingestellt. Diese steht dann den ganzen Freitag funktionlos in der Gegend herum. Uns hätte sie nicht gestört.

"Der Report" will in seiner Abendsendung über unser Problem berichten. Das Team kommt Freitag und Samstag nach Traun und wird filmen.

 

Neuer Protesttermin: 7. Juli 2000Die Anmeldung erfolgt bei einem sichtlich "grantigen" Gendarmeriebeamten.

Institutionen und Vereine melden ihr Interesse.

Ein Mann, Mustafa Uluköyle, engagiert sich immer mehr für die Sache. Er ist nicht Vereinsmitglied, aber jede Hand ist willkommen. Da er auch noch Verbindungen zu der Arbeiterkammer, zu dem Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Neuhofen, und zur Organisation "Land der Menschen" haben dürfte, zumindest behauptet er das, wird er immer mehr in das Geschehen einbezogen.


2. Juli 2000

ORF, Heimat, fremde Heimat sendet einen überaus guten Bericht.


3. Juli 2000

Neue Protestplakate fiir den 7.7. kommen an und in die Moschee.


4. Juli 2000

Heute wird "Der Report" gesendet. Dementsprechende Nervosität.

Uluköyle lässt die Protestplakate entfemen. Um das Gesprächsklima mit der Gemeinde zu "entkrampfen". Ich verstehe ihn nicht und lasse die Plakate wieder aufhängen. Eine "profil"-Redakteurin kommt für ein Interview aus Wien. Innerhalb von Minuten bekommt sie einen Termin beim Bürgermeister. Bei uns natürlich auch. Der Bericht im ORF fällt recht gut aus, wenn gleich er auch etwas oberflächlich erscheint. Nach dem Bericht ist eine Besprechung in der Moschee vereinbart. Die Stimmung müsste eigentlich gut, oder sogar sehr gut sein, ist sie aber nicht. Uluköyle und der plötzlich erscheinende Osman Cetinkan beginnen auf türkisch, monologartige Reden zu halten. Sie steigern sich bis zur Brüllerei und zeigen dabei immer wieder auf mich. Ich verlange die Übersetzung. Nach langem Zögern erfahre ich, was beide da von sich geben: Der Bürgermeister ist unschuldig!

Schuld ist der Vermieter und die Hauptschuld trägt der Vereinssprecher, nämlich ich. Der Grund ist simpel. Niemals habe ich ein Gespräch mit dem Bürgermeister zustande gebracht, welcher es immer nur gut mit uns gemeint hätte. Sie, Uluköyle und Cetinkan hätten schon für kommenden Donnerstag einen Termin beim Stadtchef bekommen und da werde dann alles in's Lot kommen. Der Protest müsse aber ein Ende haben. Die Versammlung schweigt, keiner durchschaut das böse Spiel der Beiden. Schließlich reißt Uluköyle eigenhändig die Protestplakate ab und zerknüllt sie am Boden. Die Situation ufert nun gänzlich aus und ich werde bedroht. Daraufhin lege ich meine Funktionen nieder und verlasse die Moschee.


5. Juli 2000

Bei mir steht das Telefon nicht mehr still. Alle Medien wollen wissen wie es nun weitergeht und alle wollen berichten. Diesen Tag habe ich zu 100% vertelefoniert. Doch ich kann den Medienleuten nichts Gutes berichten. Das Erstaunen ist grenzenlos. Vom Einsturz einer medialen Schutzmauer rund um die Moschee ist die Rede und von der geplatzen Unmöglichkeit einer Schließung der Moschee ohne einer geeigneten Ersatzlösung. Und vieles mehr. Ja viel, viel mehr.


6. Juli 2000

Bericht O.Ö.Nachrichten:

Bürgermeister Dr. Schlögl war dem Wunsch des Obmanns der Islamischen Gemeinschaft, Osman Gülec, nach einem Gespräch nachgekommen. "Dieses findet am kommenden Donnerstag statt" (Anmerkung des Autors: Er will sicher gehen, das keine Demo mehr stattfindet.), so Dr. Schlögl Was dabei gesprochen werden soll bzw. ob er der Gemeinschaft seine Hilfe bei der "Herbergssuche" anbieten würde, beantwortet Schlögl nur mit: ber was soll ich sprechen" und "Ich weiß keine Unterkunft, ich kann nichts tun." Kommentar überflüssig.


7. Juli 2000

Wieder Bericht in den O.Ö. Nachrichten: Keine Demo. Sprecher trat zurück. Und auf der selben Seite: Moschee am Hauptplatz abgelehnt.

Ansfelden. Gestoppt hat der Bürgermeister Walter Ernhard einen Versuch der Trauner Moslems, ein Objekt am Hauptplatz von Haid als neue Moschee anzukaufen.


14. Juli 2000

Ebenfalls aus den O.Ö. Nachrichten:

Der Streit "Moschee Milli Görüs" gegen Bürgermeister Peter Schlögl scheint Vergangenheit zu sein. Bei einem Gespräch sicherte Moschee - Obmann Gülec, gestern dem Stadtchef zu, eine neue Betstätte zu suchen.

Weiter:

"Es war eine angenehme Atmosphäre" berichtete Bürgermeister Schlögl.

Weiter:

An der Aussprache hat auch der Obmann des Türkisch-Österreichischen Integrationsvereins Traun, Osman Cetinkan, teilgenommen.

Weiter:

Klar ist nur, dass nicht mehr daran gedacht ist, eine Moschee im Stadtzentrum zu eröffnen. Auch in anderen Orten will die Gemeinschaft angeblich nach einer Unterkunft suchen.

Nachsatz:

Dass Obmann Osman Gülec äußerst mangelhaft Deutsch spricht und versteht, darf nicht verschwiegen werden.

Dass hier ein böses Spiel auf dem Rücken von Gläubigen ausgetragen wurde, soll laut hinaus geschrien werden. Schreien Sie mit!

 Nachsatz II:

Heute ist die Wochenzeitung "Die Furche" erschienen. Ein hochinteressanter Leitartikel "Umgang mit religiösen Minderheiten" war da und wahrscheinlich der letzte Bericht über den "Trauner Moscheenstreit". Das Thema ist journalistisch bereits der "Schnee vom vergangenen Jahr". Ein paar Worte daraus will ich aber doch noch zitieren:

Dabei leben in Österreich bereits rund 300.000 Moslems. Offensichtlich gehen einige Gruppen jetzt daran, ihre Ansprüche etwas lautstärker durchzusetzen als bisher. Es werden nicht mehr unauffällig Nischen gesucht, wo unbehelligt die religiösen Sitten und Gebräuche praktiziert werden können. Man beginnt zu kämpfen und zu demonstrieren um den Wünschen Nachdruck zu verleihen. Dabei wird ein Bekenntnis an den Tag gelegt, das jeden katholischen Pfarrer neidisch werden lassen müsste. Die trauen sich was! Entfalten ein kleines Taschentuch auf der Straße und beten. Und dann kämpfen sie sogar um ihren Gott, den sie da in sich fühlen. Ärgern wir uns vielleicht unterschwellig darüber? Weil es dieses Bedürfnis bei uns nicht mehr gibt?

 Aber schon auf Seite 4 steht dann sicherlich als Beruhigung:

Der Himmel über Traun ist (wieder) rosig. Eine Lösung ist in Sicht. Der Bürgermeister kann seine Überraschung nur schwer verbergen: "Ein Landwirt hat über den Konflikt gelesen und angerufen. Er würde seinen Vierkanter in Linz-Ebelsberg zur Verfügung stellen........"

Na also! Weg vom Zentrum, weg von Traun, ein (sicher abgelegener) Vierkanter, mehrere Kilometer vom jetzigen Standort – Bürgermeister, was willst du mehr! Es war sicher nicht Überraschung, sondern Freude, die da unser strammer Sozialdemokrat empfunden haben dürfte. Ich gönn's ihm.

Günther Ahmed Rusznak

Traun, 20. Juli 2000


Chronologische Auflistung der Ereignisse:TEIL 2 (29.Juli 2000 bis März 2001)

FPÖ-Dialog (Parteizeitung) mit Hetzartikel

Linz-Land wird Moschee-freie Zone
23.6.2000 (SOS - Menschenrechte)

FOREF Kommentar: Dialog und Integration sind keine Einbahnstraßen


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