Nach der Feuerwehr rufen, obwohl es nirgendwo brennt. - Der Alarmismus geht um! In
einer Zeit, wo alle Finger auf Nazi-Österreich" zeigen, ist er nicht nur in
der Politik zum Stilmittel geworden, sondern auch bei diversen Experten und
Beauftragten". Jüngstes Beispiel ist die, vom steirischen Sektenbeauftragten
Roman Schweidlenka erstellte, gegenwärtig durch Tirol tourende Wanderausstellung
Sekten - Satanismus - Okkultismus". Von Bäumen baumelnde Leichen,
Hardcore-Satanismus, Bilder von Hitler - es ist ein dämonisierender Ausstellungsmix, der
sich dem Ausstellungsbesucher da anbietet.
Auf 27 Bildtafeln wird ein Rundumschlag präsentiert, eine geballte Ladung aller nur
möglichen Vorurteile gegenüber religiösen Gruppen. Motto: Wehret den Anfängen! Man
klage an, wo auch nur der leiseste Verdacht bestehen könnte; über allem schwingt die
Faschismuskeule. Statt sachlichen Informationen darüber, welche religiöse Gruppe welches
konkrete Fehlverhalten an den Tag legt, werden religiöse Minderheiten ausgegrenzt.
Allerlei Indiskretionen und Stigmatisierungen werden gegen einzelne religiöse
Gruppierungen vorgebracht, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für eine Verletzung von
Gesetzen aufgezeigt werden. Da wird nicht informiert, sondern diskriminiert, ghettoisiert
und schubladisiert!
Dass sich Angehörige nicht konventioneller Religionsgemeinschaften zutiefst verletzt
fühlen ist verständlich. Kein Wort schließlich davon, dass die Enquete-Kommission des
Deutschen Bundestages 1998 einhellig zum Ergebnis kommt, dass von neuen religiösen
und weltanschaulichen Bewegungen keine größeren Gefahren ausgehen als von den
traditionellen Religionen".
In dieser pädagogigsch bedenklichen Form trägt die Ausstellung leider wenig zur
gesellschaftlich wichtigen Auseinandersetzung mit Fragen neuer Spiritualität und
Religiosität in unserem Land bei.
Jede Informationskampagne, die sich gegen antidemokratische und totalitäre Strömungen in
Religionsgemeinschaften wendet, ist zu begrüßen. Die Ausstellung erfüllt diesen
Anspruch aber kaum, weil sie mit Konzepten aus der Steinzeit der Anti-Raucherbewegung
arbeitet, als man noch glaubte, durch das Zeigen von Raucherbeinen die Jugend vom Nikotin
abhalten zu können. Auf überzogenen Alarmismus in Jugendfragen können wir aber
zugunsten sachlicher Information und Diskussion verzichten.
TIROLER TAGESZEITUNG, Sa/So 25./26. 3. 2000